Die nächste Womo-Reise steht an. Unser Plan ist, einen Teil des Loire-Tals zu durchfahren, um dann durch die Bretagne (mit Besuch bei unseren bretonischen Freunden Martine und Bruno) in die Normandie zu gelangen. Von dort aus soll es noch in die Niederlande gehen, wo wir unsere Freunde in Kijkduin besuchen wollen. Wir haben aber auch beschlossen, dass wir uns nicht durch einen Zeitplan stressen lassen wollen. Vier bis fünf Wochen haben wir für unsere Reise veranschlagt.
Tja, welch‘ ein Wahnsinn, wie wir im Laufe der Zeit erkennen sollten. Dazu später dann mehr.
Dass unsere Loire-Fahrt aber an der Mosel beginnen und dort auch enden würde, das war irgendwie doch eine richtige Überraschung. Okay, der Beginn an der Mosel steht einen Tag vor unserer Abreise fest. Die 840 km bis zum „Einstieg“ in die Loire bei Briare-le-Canal wollen wir nicht an einem Tag zurücklegen. Der uns bis jetzt unbekannte Ort Liverdun bietet sich als Zwischenstation an.
Di. 04. – Mi. 05.Juni
Liverdun ist kein spektakulärer aber ein hübscher Ort, gelegen in einer Moselschleife zwischen Metz und Nancy. Nach unserer Ankunft auf dem Camping „Les Boucles de la Moselle“ gönnen wir uns Ruhe, am Mittwoch besichtigen wir das Städtchen. Ich sage noch zu Angela: „Lass uns nicht so spät losziehen, damit wir noch offene Geschäfte sehen und dann gemütlich essen gehen können“. Überraschung!!! Es gibt in Liverdun keine Geschäfte und auch keine Restaurants. Eine kleine ungemütliche Bar mit kleinem Verkauf, mehr ist nicht. Aber der Ort ist hübsch, der Außenbereich der Häuser ist mit viel Liebe gestaltet, es gibt viel Blumenschmuck und auch einige gut beschilderte Sehenswürdigkeiten.
Vom Betreiber des Campingplatzes erfahre ich später, dass sich der Bürgermeister sehr kümmert, dass man auch ein Restaurant ansiedeln möchte, dass der Ort es allerdings schwer hat, da es nach der Schließung der ansässigen beiden Fabriken keine Arbeitsplätze mehr gibt. Der Campingplatz liegt sehr schön direkt an der Mosel, die Landschaft ist herrlich, folglich könnte der Tourismus in Zukunft eine größere Rolle spielen. Hier einige Fotos:
Do. 06. – Sa. 08.Juni
Über Landstraßen fahren wir weitere 350 km und treffen in Briare-le-Canal auf die Loire. Briare-le-Canal heißt der Ort deshalb, weil hier der Loire-Seitenkanal mit dem Canal de Briare über eine Brücke über die Loire verbunden wird. Absolut sehenswert, ein Wunderwerk der damaligen Technik (1896 eröffnet). Unser Campingplatz liegt direkt an der Loire, das offene Sanitärgebäude nutzen circa 30 Schwalbenpärchen als Unterkunft.
Am Freitag treffen wir uns in einem Restaurant mit unseren Freunden Gaby und Matthias. Die Beiden sind auf dem Rückweg aus Südfrankreich und wir hatten per Whatsapp festgestellt, dass wir uns gerade allesamt im Loiretal aufhalten. Ja, man kann doch immer wieder feststellen, wie klein die Welt ist. 🙂 Wir nehmen an, dass es nicht unser letztes Treffen in Frankreich gewesen sein wird.
Am Samstag verspricht der Wetterbericht nichts sonderlich Gutes, samstags mit dem Wohnmobil unterwegs sein ist auch nicht prickelnd (man glaubt es nicht, wie viele rührige französische Wohnmobilisten da die Stellplätze bevölkern) und so beschließen wir, die zwei Museen des Ortes zu besuchen.
Briare ist bekannt für die Herstellung von Emaille und Mosaiken, früher von Knöpfen und Perlen (diese dienten in den Kolonien als Tauschartikel und als Währung). Die heute noch ansässige Fabrik beschäftigte in ihrer Hochzeit um die 1000 Mitarbeiter. Im Mosaik- und Emaille-Museum bekommen wir interessante Einblicke in die Herstellung von Emaille und Mosaiken. Ausgestellt sind auch Tausende von Knöpfen in allen möglichen Farben.
Im „Musée des 2 Marines et du Pont Canal“ erfahren wir Wissenswertes zur Schifffahrt auf der Loire und den Kanälen und zur Kanalbrücke. Wir sind in beiden Museen die einzigen Besucher und können uns somit in aller Ruhe an den Ausstellungsstücken erfreuen.
Über unser übles Ess-Erlebnis in der Bar „L’Agriculture“ auf dem Platz vor der Kirche möchte ich mich jetzt nicht weiter auslassen … Selten so schlecht gegessen, man kann nur abraten.
So. 09.Juni
Schwamm drüber. Heute geht es weiter nach Sully-sur-Loire. Vorher machen wir einen Stopp in Gien. Naja, es ist Sonntag, es ist nichts los, und so wirklich sehenswert ist der Ort nicht. Einen schönen Blick auf den Ort haben wir vom gegenüber liegenden Ufer.
Dann erreichen wir Sully-sur-Loire und erwischen gerade noch ein Plätzchen auf dem dortigen Wohnmobilstellplatz. Es trennt uns hier nur ein weitläufiger Park vom Schloss. Das Schloss von Sully-sur-Loire wird eines von zweien sein, die wir auch innen besichtigen. Wir kennen diverse Schlösser (wie zum Beispiel Chambord, Chenonceau, Azay-le-Rideau) schon von früheren Reisen und haben von vornherein ausgeschlossen, möglichst viele der Loire-Schlösser zu besuchen. Sully gefällt uns schon von außen recht gut und da keine Schlange vor der Kasse steht … .
Was uns besonders beeindruckt, ist der Dachstuhl des Donjon. Ich zitiere hier mal aus dem Wikipedia-Artikel:
„Das dritte mehr als 16 Meter hohe Geschoss des Donjons ist vornehmlich durch seinen außergewöhnlichen Dachstuhl bekannt, der Grand Galetas genannt wird.[5] Das hohe Gebälk aus Kastanienholz besitzt die Form eines auf den Kopf gestellten Schiffskiels und ist ohne Verwendung chemischer Mittel heute noch frei von Holzwurm und sonstigen Holzschädlingen. Es gilt als großes Meisterwerk der mittelalterlichen Zimmermannskunst und ist darüber eines der wenigen Beispiele, die aus jener Zeit vollständig erhalten sind. Der gute Zustand des Dachstuhls resultiert zum Teil aus einer besonderen Bearbeitungsmethode des verwendeten Holzes, die aus dem Schiffbau stammte. Nachdem das Holz in Salzwasser gelegt worden war, wurde es jahrelang getrocknet und mit Alaun behandelt. Darüber hinaus sorgte die ungewöhnliche Konstruktion des Dachstuhls für eine dauerhafte und gute Belüftung der Balken, so dass diese bis heute keine sonst üblichen Umwelteinflüsse aufweisen.“
Mo. 10.Juni
Und schon geht es weiter. Unser erstes Ziel heute ist die romanische Kirche Fleury in Saint-Benoît-sur-Loire. In dieser Kirche ruhen die Gebeine des Heiligen Benedikt von Nursia, dem Gründer des Benediktinerordens.
Auf dem Platz vor der Kirche entdecken wir diese anscheinend sehr hungrige Platane:
Beeindruckend ist auch das romanische Kirchenschiff, in dessen Chor sich das Grabmal von Philipp I. befindet, dem vierten König der Kapetinger, der 1108 gestorben ist. Die Liegefigur stellt ihn dar:
Dann machen wir noch einen kurzen Halt im nahegelegenen Germigny-des-Prés, wo einer der ältesten erhaltenen Kirchenbauten Frankreichs steht. Ich zitiere mal aus dem entsprechenden Artikel in Wikipedia:
„Der Gote Theodulf von Orléans war gebürtig in Spanien, Kanzler und „gebildetster Berater“ Karls des Großen, Bischof von Orleans und Abt der bedeutenden, nahe gelegenen Abtei von Fleury. Er errichtete den Kirchenbau als seine private Hauskapelle (Oratorium) bei seiner Villa. Das Oratorium wurde zwischen 803 und 806 errichtet und am 3. Januar 806 geweiht.“
Das Mosaik in der Apsis hat uns sehr an die prächtigen Mosaiken in den Bauten in Ravenna erinnert, die wir im vergangenen April gesehen haben. Wundervoll!
Ich zitiere noch mal aus Wikipedia:
Das Mosaik in der Apsis stammt ebenfalls aus den Jahren um 806. Es handelt sich um das einzig erhaltene karolingische Mosaik nördlich der Alpen, das damit zu den ältesten überhaupt auf französischem Boden gehört. Das im byzantinischen Stil gehaltene Bildprogramm dürfte auf Vorgaben von Theodulf persönlich zurückgehen. Zu sehen ist die Bundeslade umgeben von zwei großen und zwei kleinen Engeln (Cherubim), die – ebenso wie die aus dem Blau des Himmels herabweisende Hand Gottes – auf die Lade zeigen. In seiner Gestaltung ist eine Verwandtschaft mit den Miniaturmalereien der Hofschule Karls des Großen nicht zu übersehen.
Die Übersetzung der lateinischen Inschrift unterhalb des Mosaiks lautet in etwa: „Schaue und betrachte das heilige Orakel und die Cherubim und das Leuchten der Arche des göttlichen Bundes. Bei dieser Betrachtung bemühe Dich, den Herrn des Donners zu rühren, und bedenke Theodulf in deinen Gebeten.“
Das Mosaik wurde 1840 zufällig unter dem Putz gefunden, nachdem Kinder mit blauen und goldenen Mosaiksteinchen gespielt hatten, und wurde seither restauriert.
Für den heutigen Tagen genug der Kirchen – wir lassen uns auf dem Campingplatz „La Maltournée“ in Chateauneuf-sur-Loire nieder. Dort gefällt es uns so gut, dass wir gleich drei Nächte bleiben. Endlich mal wieder in Ruhe ein gutes Buch lesen und nicht nur – ebenfalls gute – Reiseführer. 😉 Und was kann man sich mehr wünschen als einen Stellplatz mit Blick auf die Loire!
Do. 13.Juni
Genug des Innehaltens. Länger als drei Tage am selben Ort halten wir es nur bei sehr großem Bedürfnis nach Ruhe aus. Heute stehen drei Stationen auf dem Plan, bevor wir abends in Blois landen wollen.
Unseren ersten Stopp machen wir in Meung-sur-Loire. Wir finden einen hübschen Ortskern vor, halten uns aber nicht länger hier auf.
Unser nächstes Ziel ist die Kirche Notre-Dame de Cléry in Cléry-Saint-André. Wir finden ein mächtiges Bauwerk vor, das aus einem völlig gesichtslosen Ort emporragt.
Wie viele Gebäude an der Loire ist die Kirche aus weißem Kalkstein errichtet und wirkt somit auch im Inneren schön hell. König Ludwig XI. liegt hier begraben.
Weiter geht es, nach Beaugency. Vorbei am Wohn- und Wehrturm aus dem 11. Jahrhundert …
… machen wir uns auf die Suche nach einem Restaurant und stoßen auf eine Art von Vinothek, in der regionale Produkte verkauft werden, man aber auch etwas zu essen bekommt. Wir haben das sympathische Ambiente sehr genossen.
So, und dann geht es auf zum Endziel des heutigen Tages: Blois.
Hier gibt es einen nagelneuen Wohnmobilstellplatz (er wurde am 28. Mai dieses Jahres eröffnet), auf dem wir uns niederlassen. Besonders angenehm finden wir, dass man von hier mit einem batteriebetriebenem Shuttle-Bus direkt ins Zentrum von Blois gelangen kann, und zwar kostenlos! Was für ein toller Service der Stadt. Es ist später Nachmittag, dann machen wir uns doch gleich mal auf den Weg.
Die ehemalige Königsstadt Blois ist der erste Ort an der Loire, der uns so richtig gut gefällt. Hier gibt es nicht nur schöne und beeindruckende Gebäude, sondern auch ein lebendiges urbanes Leben. Irgendwie brauchen wir das schon, um uns so richtig wohl zu fühlen. In den bisher besuchten Orten – außer Briare – hatten wir immer Schwierigkeiten, überhaupt ein Restaurant zu finden, geschweige denn ein Straßencafé. Wir lieben es, einfach nur dazusitzen, bei einem kleinen Weißwein, und die Menschen zu beobachten. Hier in Blois ist das möglich. 🙂
Blois ist sehr „hügelig“. Eine der vielen Treppen hat man zu einem Kunstwerk gestaltet:
Vom ehemaligen Bischofssitz (heute Rathaus) und dem angrenzenden Park hat man einen herrlichen Blick über die Loire (die auf dem folgenden Foto allerdings nicht zu sehen ist).
Als wir in einem Bistro auf dem Platz vor dem Eingang zum Schloss sitzen, öffnen sich plötzlich am gegenüber liegenden Zauberermuseum „Maison de la Magie Robert-Houdin“ die Fenster und unter großem Fauchen stecken Drachen ihre Köpfe hinaus.
Fr. 14.Juni
Blois hat uns gestern so gut gefallen, dass wir heute noch mal mit dem Shuttle reinfahren. Diesmal steigen wir nicht gleich nach der Überquerung der Loire aus, sondern machen die ganze Runde bis zum Schloss mit. Dabei erkennen wir erst richtig, wie hügelig es im Stadtgebiet zugeht. Wir streifen noch etwas durch die malerischen Gassen …
… und laufen dann über die Loirebrücke …
… zurück zum Wohnmobil-Stellplatz. Zu Fuß ist man in einer viertel Stunde dort.
Unser nächstes Ziel ist Amboise. Hier finden wir einen schönen Platz auf dem Campingplatz, der sich auf einer Loire-Insel befindet. Von hier hat man einen tollen Blick auf das Schloss.
Wir belassen es heute noch bei einem kurzen Besuch in der hübschen Stadt. Hier hat sich seit meinem ersten Besuch (1985) einiges geändert. Die Straße am Fuß des Schlosses hat eine Spur verloren und dafür einem breiteren Fußgängerbereich Platz gemacht, und die Zahl der Restaurants hat sich vervielfacht. Gefällt uns gut und wir genießen das Menschengewusel bei einem guten Glas Weißwein von der Loire.
Sa. 15.Juni
So, ran an die Arbeit. Heute stehen auf dem Programm die Besichtigung des Schlosses und des Anwesens „Le Clos Lucé“, in dem Leonardo da Vinci die drei letzten Jahre seines Lebens verbracht hat.
Die gesamte Schlossanlage gefällt uns sehr gut. Wir besichtigen zuerst die Chapelle Saint Hubert, die wir gestern schon von unten bewundert haben. Das Innere ist wie das Äußere extrem filigran gearbeitet. Hier hat Leonardo da Vinci seine letzte Ruhestätte gefunden.
Beeindruckend sind die beiden mächtigen Türme „Tour des Minimes“ und „Tour Hurtault“, deren Rampen so breit sind (3 Meter), dass man auch mit Pferden und kleineren Gespannen zur Schlossanlage gelangen konnte, die auf einem Felsplateau liegt.
Nach einer Essenspause spazieren wir zum Schlösschen „Le Clos Lucé“, das König Franz I. Leonardo da Vinci zum Leben und Arbeiten zur Verfügung gestellt hatte. Dazu gehört ein lauschiger Park, in dem Artefakte ausgestellt sind, die nach den Entwürfen von Leonardo angefertigt wurden.
So. 16.Juni
Nachmittags ein letzter Spaziergang in die Stadt. Trotz des Sonntags sind viele Geschäfte geöffnet. Einige von ihnen würden wir am liebsten leer kaufen.
Mo. 17.Juni
Heute geht es nach Tours. Wir lassen uns auf dem Campingplatz von Saint Avertin, einem Vorort von Tours, nieder. Es ist ein angenehmer Platz mit einem Baumbestand, der dem eines botanischen Gartens gleicht.
Von Saint Avertin gibt es eine gute Busverbindung ins Zentrum von Tours (mit hoher Taktfrequenz, alle 15 Minuten).
Tours verfügt über ein höchst effizientes Nahverkehrssystem, bestehend aus Bussen und Straßenbahnen. Die Tickets sind wiederaufladbar, entweder am Automaten oder durch den Fahrer; das haben wir so noch nie gesehen.
Tours gefällt uns sehr gut.
Für die Besichtigung nehmen wir uns zwei Tage Zeit. Die „Rue Nationale“ ist die Haupteinkaufsstraße und teilt das Zentrum in zwei Hälften. Heute besichtigen wir den westlichen Teil. Unser erstes Ziel ist die „Place Plumereau“. Dieser Platz wurde von Lonely Planet als der schönste Platz Frankreichs für das Genießen des Aperitifs gewählt. 🙂 Nun, uns steht der Sinn mehr nach einen handfesten Mittagessen; doch unser Timing ist schlecht. Es gibt viele Restaurants, doch alle Plätze sind besetzt. Schließlich wird doch ein Tisch frei. Ja, schöne Atmosphäre, viel Trubel.
In der neo-romanischen und neo-byzantinischen Basilika Saint Martin befindet sich der Sarkophag des Heiligen Martin. Martin von Tours war im 4. Jahrhundert der dritte Bischof dieser Stadt. (Der verlinkte Wikipedia-Artikel liest sich spannend).
Den Sarkophag in der Krypta können wir leider nicht sehen, da dort gerade eine Feier stattfindet. Die Kirche selbst -1890 eingeweiht – beeindruckt uns nicht sonderlich.
Di. 18.Juni
Viel besser gefällt uns da die Kathedrale Saint-Gatien, die wir uns heute bei unserem zweiten Besuch in Tours anschauen. Sie ist riesig und gleichzeitig so wunderbar filigran.
Vom benachbarten Kreuzgang der Kathedrale – genannt „La Psalette“ – hat man einen herrlichen Blick auf das Strebewerk der Kirche.
Der Bahnhof von Tours – fertiggestellt 1898 – ist eine dieser prächtigen „Kathedralen der Technik“, wie sie so zahlreich im ausgehenden 19. Jahrhundert entstanden sind.
Mi. 19.Juni
Wir setzen unsere Reise fort. Nach einem kurzen Abstecher nach Chinon …
… erreichen wir ein Ziel, auf das wir uns ganz besonders gefreut haben: Die Abtei Fontevraud. Unser dritter Besuch dort, und wir werden leider arg enttäuscht. Denn erstens ist das so sonderbar gestaltete Küchengebäude derzeit eingerüstet …
… und zweitens hat man die Klostergebäude inzwischen „zu Tode renoviert“. Was herrschte hier 1985, als ich zum ersten Mal da war, für eine ergreifende Atmosphäre. Nach vierzig Jahren Renovierungszeit wirkt alles steril und es drängen sich die Besuchermassen durch Gebäude und Kreuzgänge. Schade!
Hier ein Foto der Klosterküche, das ich 1985 aufgenommen habe:
Und nun noch ein paar aktuelle Fotos:
In der Klosterkirche liegen einige bekannte Persönlichkeiten der französischen bzw. englischen Geschichte begraben. Hier ein Auszug aus dem Wikipedia-Artikel zum Kloster:
„An zentraler Stelle des Langhauses vor dem Eingang zum Chor liegen Heinrich II. von England und Eleonore von Aquitanien in der oberen Reihe, darunter Richard Löwenherz und Isabella von Angoulême, die Gemahlin von Johann Ohneland, deren Grabmal als einziges aus Holz geschnitzt wurde, begraben. Die anderen drei sind Plastiken aus Kalktuff, die ungefähr zu der Zeit gemeißelt wurden, als die Betreffenden gestorben sind, also zu Beginn des 13. Jahrhunderts (zwischen 1200 und 1256). Sie gehören mit zu den frühesten Grabplastiken, bei denen die Verstorbenen als Liegende, als Gisants dargestellt sind.
Diese Grablege des englischen Königshauses der Plantagenet gehört zu den bedeutendsten der europäischen Geschichte und steht in einer Linie mit der der salischen Kaiser in Speyer, der staufischen Könige in der Capella Palatina in Palermo, der französischen Könige in St. Denis und der anderen englischen Könige in Westminster Abbey.
Die Grabgestalten sind sämtlich in idealisierter Form dargestellt. So ist beispielsweise die Eleonore von Aquitanien nicht als 82-jährige Greisin zum Lebensende dargestellt, sondern in der Blüte ihrer Jahre. Im Gegensatz zur weißen Kühle der Kirche sind die Grabstatuen immer noch in den originalen, intensiven Farben gehalten. Diese Farbigkeit hatten früher auch die Kircheninnenräume. Die Statuen sind überlebensgroß, ihre Urheber sind unbekannt. Deutlich ist versucht worden, den majestätischen Charakter der Figuren auch in ihren Grabstatuen zu erhalten. Sie sind gekrönt und liegen auf einem Schaubett, wie es den königlichen Begräbnisriten entspricht.
Richard Löwenherz und Isabella von Angoulême: Die beiden Könige dieser Vierergruppe sind mit einer Tunika bekleidet und halten in ihren behandschuhten Händen ein Zepter, das Symbol der königlichen Macht; an ihrer Seite liegt ein Ritterschwert.
Eleonore von Aquitanien stellte man auch auf dem Todesbett als Lesende dar. Dies unterstreicht ihre legendäre Gelehrtheit, eine der bedeutendsten Frauen des Mittelalters.“
Die erlebte Enttäuschung wird durch leckeres Essen in einem der Restaurants auf dem Dorfplatz von Fontevraud gemildert. Für mich gibt es eine superleckere Lammhaxe, für Angela Lachs.
Und weiter geht es. Zu unserer letzten Station im Loiretal. Ursprünglich wollten wir bis zur Mündung in den Atlantik fahren. Aber zwei Wochen voll mit Kirchen, Schlössern, Städtchen sind uns genug. Es geht noch nach Saumur und dann wollen wir uns auf die Insel zurückziehen, nach Noirmoutier.
Wie in Amboise befindet sich auch in Saumur der Campingplatz auf einer Insel in der Loire. Und wie dort hat man auch von hier einen herrlichen Blick auf die „Skyline“ mit dem Schloss.
Do. 20.Juni
In Saumur herrscht das pralle Leben. Ein Gläschen Saumur-Champigny hilft uns beim Aufstieg zum Schloss.
Wir haben Glück mit dem Wetter und empfinden den hübschen Ort als einen schönen Abschluss unserer Loire-Tour.
Nun freuen wir uns auf ein paar ruhige Tage auf der Ile de Noirmoutier.
Fr. 21.-Do. 27.Juni
Über Landstraßen geht es auf die Insel Noirmoutier. Wir haben uns den „Camping Municipal de la Pointe“ in L’Herbaudière ausgeguckt, ganz am Ende der Insel. Und dort finden wir eine Stelle, die uns viel Platz und freien Blick auf die Düne bietet. Zum Meer sind es circa 70 Meter. Jetzt freuen wir uns auf Urlaub vom Urlaub. Mal so richtig abhängen. 🙂
Auf dem Gelände des Campingplatzes und davor befinden sich Teile einer Bunkeranlage des Atlantikwalls.
Und dann erleben wir heute noch den ersten einer Reihe von malerischen Sonnenuntergängen.
Neben dem Campingplatz befindet sich eine Werft. Ob dieses Schiff allerdings auf die Reparatur wartet, ist zu bezweifeln.
Mal gehen wir essen, mal kochen wir selbst. Die kürzlich erworbene Induktionskochplatte bereitet uns große Freude.
Nachdem wir beim Austernessen im Ort Pech mit den Austern gehabt haben – sie waren milchig -, freuen wir uns auf eine neue Chance auf dem montags stattfindenden Markt. Wir kaufen Austern, Muscheln, Bulots (Wellhornschnecken)… .
Und dann geht es ans Werk. Wir sind ja inzwischen im Besitz von sechs Austernmessern, da wir bei unseren Zelt-Urlauben jeweils das Messer vergessen hatten und deshalb immer ein neues kaufen mussten. Übrigens sind unsere teuren Austernmesser von Laguiole oder Roesle ziemlich ungeeignet (da an der Spitze zu breit), wohingegen das billigste – jenes das ich auf dem folgenden Foto verwende – am besten taugt. Da öffnen sich die Dinger fast von alleine. 🙂
Herrlich, diese Frische, und keine einzige milchige dabei. Wir sind glücklich!
Abends gibt es die Muscheln. Angela meint, es seien die besten, die sie je gegessen hat.
Wir lassen es langsam angehen, unternehmen nicht sonderlich viel. Einmal wandern wir bei leider diesigem Wetter zu etwa 3 km entfernt liegenden Salzgärten.
Und an einem Tag laufen wir bei hohen Temperaturen über die schnurgerade Landstraße nach Noirmoutier, dem Hauptort der Ile de Noirmoutier. Es gibt so gut wie keinen Busverkehr, und der „Gratibus“ fährt leider nur in der Hauptsaison. Als sehr hübsch empfinden wir die Häuser auf der Insel. Alle sind sie weiß, haben nicht mehr als zwei Stockwerke und haben blaue Fensterläden und Türen.
Dann muss ich natürlich auch mal ins Wasser. Allerdings nur ganz schnell für ein paar Fotos.
Fr. 28.06.
Wir verlassen die Ile de Noirmoutier und machen uns auf den Weg zu unseren Freunden Martine und Bruno, die in der Nähe von Redon in der Bretagne wohnen. Begleitet werden wir von Küstennebel, der sich am Morgen urplötzlich gebildet hat. Und so sitzen wir auch in Pornic, wo wir Mittagspause machen, bei einer Außentemperatur von 18 Grad im Innenraum des Restaurants. Doch bevor wir die Insel verlassen, kaufen wir noch ein paar Päckchen von dem guten Fleur de Sel.
Wir fahren weiter und stoßen ein letztes Mal auf die Loire. Der Küstennebel bewirkt, dass wir bei der Fahrt über die Saint-Nazaire-Brücke am Scheitelpunkt in der Sonne sind, aber unter uns das Wasser wegen des Nebels nicht erkennen können.
Und dann kommen wir in Saint-Jean-la-Poterie an, einem kleinen Ort in der Nähe von Redon, wo unsere Freunde Martine und Bruno wohnen. Das ist noch eines der inzwischen rar gewordenen Dörfchen, wo man die Haustüre nicht abschließen muss. Welche Idylle! Ich habe die Beiden 1983 kennengelernt, als ich den GR20 auf Korsika gewandert bin. 1984, als ich in Nantes studiert habe, hat sich diese Freundschaft gefestigt. Zum letzten Mal haben wir uns 2013 am Genfer See getroffen. Ja, und es war so, als hätte man sich gestern erst getrennt. Welch‘ eine Gastfreundschaft! Auch Angela kommt mit dem gut verständlichen Französisch der Beiden zurecht.
Sa. 29.Juni
Martine und Bruno fahren heute mit uns nach La Gacilly. Mir ist der Ort völlig unbekannt, doch Angela weiß, dass hier die Firma Yves Rocher beheimatet ist. Hier gründete Yves Rocher vor 50 Jahren sein inzwischen weltbekanntes Unternehmen. Die Firma steckt viel Geld in den Ort. So findet hier jedes Jahr eine große Fotoausstellung mit Werken vieler Fotografen statt. Ein hübscher Ort, wo es viele interessante Fotografien zu sehen gibt. Hier einige Eindrücke:
So. 30.Juni
Mit der von den Beiden mitgegebenen Wegzehrung …
… machen wir uns auf den Weg nach Hause. Wir haben kurzentschlossen die ursprünglich geplante Fahrt durch die Bretagne in die Normandie und den Besuch bei unseren Freunden in den Niederlanden gecancelt. Es ist einfach zu heiß und es zieht uns mit Macht nach Hause. 1.200 km Fahrt haben wir vor uns. Wir wollen die Strecke in drei Teilen zurücklegen, mit Station in Chartres und Metz.
Heute fahren wir bis Chartres und kommen auf dem schön gelegenen Campingplatz der Stadt unter.
Die Kathedrale von Chartres habe ich 1990 besichtigt, damals mittels einer Führung, und das hat mich sehr beeindruckt. Sie gilt ja als die Kathedrale der Kathedralen. Über einen netten Weg kommt man fernab der Straße in 20 Minuten ins Zentrum.
Mo. 01.Juli
Und schon geht es weiter nach Metz. Wir finden durch Zufall eine Lücke für unseren Kastenwagen auf dem kleinen Wohnmobilstellplatz direkt an der Mosel. Und so endet unsere Loire-Fahrt an der Mosel wie sie ja vor einem Monat auch an der Mosel begonnen hat.
Wir kommen zwar soeben aus Chartres mit seiner beeindruckenden Kathedrale, aber wir müssen uns eingestehen, dass wir die Kathedrale der Stadt Metz schöner finden. Ob es nur daran liegt, dass hier der Touri-Andrang nicht so heftig ist? Sie ist lichter, und besonders gut gefallen uns die Fenster, die Chagall entworfen hat.
An unserem letzten Abend bekommen wir an der Mosel noch einmal einen herrlichen Sonnenuntergang geschenkt.
Am nächsten Morgen ein letzter Blick auf den Fluss …
… und dann geht es nach vier Wochen wieder nach Hause.