Ende August war beim Besuch der Messe Caravan Salon in Düsseldorf aus unserem langfristigen Projekt „Anschaffung eines Reisemobils“ ein mittelfristiges geworden. Dort hatte sich herauskristallisiert, dass uns eines der eher kleineren Gefährte am meisten zusagen würde. Ob wir mit so einem Kastenwagen oder Van – wie man heute sagt – auch tatsächlich gut zurecht kommen, das würde sich erst noch zeigen müssen. Nachdem die Besichtigung der vielen Fahrzeuge auf der Messe aber so richtig Lust auf die Realisierung unseres Projekts machte, wollten wir das schnell feststellen. Und so buchte ich für die Zeit von Montag, 17. bis Dienstag, 25. Oktober einen „Pössl 2 Win“.
Am Montag finden wir uns um 12 Uhr in Erlangen Dechsendorf zur Übernahme des Fahrzeugs ein. Die Protokollierung von vorhandenen kleineren Dellen und die Einführung in die Technik des Wohnmobils dauert etwa eine Stunde. So ein Gefährt ist ja wie ein Haus. Man hat eine Strom-, Gas- und Wasserversorgung, man hat eine Küchenzeile mit Waschbecken und zweiflammigem Gasherd, ein Minibad mit Waschbecken, Toilette und Dusche, man hat die jeweilige Abwasserentsorgung, man hat Möbel zum Schlafen, Sitzen und Verstauen von Kleidung und Küchenutensilien, und zusätzlich hat man noch einen flotten fahrbaren Untersatz. Höchst interessant, und wir freuen uns schon darauf, zu sehen, wie sich all das im Einsatz bewährt. Zuerst jedoch fahren wir den Pössl nach Hause und beladen ihn. Wir wollen uns Zeit nehmen und erst am Dienstag Morgen losfahren.
Am nächsten Tag verstauen wir unsere Lebensmittel im Bordkühlschrank und stellen dessen Betriebsart auf Batteriebetrieb. Der Kühlschrank lässt sich nämlich auf dreierlei Art betreiben: Mit Gas aus der 11-Kilogramm-Gasflasche, mit Strom 230 Volt, an den man das Wohnmobil zum Beispiel auf einem Campingplatz anschließen kann und während der Fahrt mit Strom 12 Volt, den die sogenannte Aufbaubatterie liefert. Dann geht es los.
Es herrscht wenig Verkehr und so brauchen wir für die Fahrt an den uns so gut bekannten Campingplatz in Tenero mit dem Pössl – der fahrbare Untersatz ist ein Fiat Ducato mit 130 PS – nicht viel länger als sonst mit dem PKW. Das Fahrzeug ist natürlich etwas behäbiger wie ein normales Auto, fährt sich aber nicht wesentlich anders. Ich fühle mich recht wohl damit.
Unterwegs haben wir das erste schöne Aha-Erlebnis: Auf dem Autobahnrastplatz Illertal benutzen wir in aller Ruhe die bordeigene Toilette. Das ist sehr angenehm und nebenbei haben wir Euro 1,40 gespart. 🙂
Unser Campingplatz Lago Maggiore in Tenero freut sich, uns wiederzusehen, nachdem wir es im letzten Jahr seit langer Zeit mal nicht dorthin geschafft haben. Wir werden nett empfangen, finden einen Stellplatz in der zweiten Reihe mit schönem Blick auf den See und vollziehen unser langjähriges Ritual: Wir setzen uns in unseren Campingstühlen an den Strand und entspannen in dieser wunderbaren Atmosphäre. Mit einem kühlen Bier aus dem Bordkühlschrank.
Der Himmel über dem See macht Party für uns:
So, und nun kommt das Schöne, dass eben so eine Reise mit einem Wohnmobil mit sich bringt: Anders als früher müssen wir nun nicht mühevoll – und oft mit leichtem Fluchen – unser großes Zelt aufbauen und dann den umfangreichen Hausrat vom Auto ins Zelt transferieren … Nein, wir rollen die Markise aus, stellen unsere Camping-Garnitur auf und fertig is. Herrlich!
Dann werfe ich die Steaks auf den Campinggas-Grill – okay, der gehört nicht zum Fahrzeug, er begleitet uns schon länger – und dann wird lecker gespeist und wir beobachten nebenher einen der wenigen verbliebenen Fischer.
Am Mittwoch gehen wir es langsam an, versuchen gemächlich, in dem zwar ausreichenden aber doch begrenzten Stauraum des Wohnmobils eine uns konforme Struktur zu errichten. Wir lesen und schauen, was es Neues auf dem Campingplatz und in der näheren Umgebung gibt. Alles beim Alten, alles gut und supernettes Personal, an dem ich meine Italienisch-Fortschritte testen kann. Heute ist der Himmel leicht bewölkt, morgen soll er strahlend blau sein. Da würden wir gerne am See entlang nach Locarno laufen. Schaun wir mal.
Auf dem Foto sieht man vom Strand des Campingplatzes aus gesehen von links: Das Mündungsgebiet der Maggia, das sich weit in den Lago Maggiore hineingeschoben hat (dahinter liegt Ascona), ein Stück von Locarno (mit dem Hafen), und dann die Ortsteile Muralto und Minusio:
Am Donnerstag ist es wirklich so schön wie vorausgesagt. Blauer Himmel und noch wärmer als gedacht.
Wir laufen – zuerst mit großem Umweg um das Jugendsportzentrum und andere Campingplätze und dann umso schöner auf der Promenade direkt am See – nach Locarno.
Dort angekommen ereilt uns ein kleiner Hunger. Auf der Piazza Grande lässt es sich im Sonnenschein herrlich sitzen. Wir suchen uns eines der vielen Restaurants aus und haben von dort einen schönen Blick auf den heute stattfindenden Trödelmarkt. Angela würde sich am liebsten gleich ins Getümmel stürzen, aber erst muss der Magen zufriedengestellt werden.
Also, wenn ich auf dieses Foto schaue, frage ich mich schon: Wird mich doch irgendwann mal die Altersmilde streifen, oder wird die Strenge in meinem Blick beim Schauen auf diese unsere Welt nie weichen? Ich möchte mir noch kein endgültiges Urteil erlauben … 🙂
Zum Trost gönne ich mir ein Steak (sage jetzt nicht, von welchem Tier es stammt), bin allerdings doch etwas überrascht, als ich sehe, wie es mir serviert wird. Aber schön, denn so habe ich den Gargrad selbst in der Hand. Rare bis medium rare, geht mit diesem Fleisch sehr gut. 😉
Nach dem Essen geht es zuerst auf den Trödelmarkt …
… und dann mit einem Abstecher zu unserer Locarneser Lieblingskirche …
… an den Hafen von Locarno …
… wo wir uns in der Bar „Debarcadero“ noch einen Absacker gönnen, bevor wir uns auf den 1 1/4-stündigen Rückweg machen:
Zurück auf dem Campingplatz lassen wir den Tag ganz, ganz ruhig ausklingen.
Auch der Freitag erfreut uns mit einem wunderschön blauen Himmel.
Wir fahren mit dem Bus – Linie Nr. 1 – nach Ascona. Nichts praktischer als das, denn vom Campingplatz bis zur Bushaltestelle sind es gerade mal 5 Minuten zu Fuß, und der Bus bringt uns direkt ins Zentrum von Ascona.
Dort erleben wir eine große Enttäuschung: Unser langjähriges Lieblingsrestaurant – das „Al Porto“ – hat anscheinend den Besitzer gewechselt. Die leckeren Felchen-Filets sind von der Karte verschwunden. Nachdem sich zudem die Kellner anscheinend schon in den Winterschlaf verabschiedet haben, verlassen wir schweren Herzens dieses über die Jahre so liebgewonnene Restaurant. Wir wählen stattdessen das „Pontile“, in dem wir nett bedient werden und einen ebenso schönen Blick auf den See haben; aber es gibt leider kein Felchen-Filet. 🙁
Immerhin können wir hier zum ersten Mal einen weißen Merlot probieren. Wir wussten nicht, dass es so was gibt:
Vom Restaurant aus aufgenommen, eines meiner Lieblingsfotos: Elternliebe im Scherenschnitt:
Wir schlendern noch ein bisschen durch den hübschen Ort …
… und lassen uns dann von der Nr. 1 wieder „nach Hause“ bringen.
Der Abend bietet eine romantische Stimmung, und wieder sind zwei Fischer auf dem See unterwegs …
… der Samstag Morgen allerdings wartet mit tiefhängenden Wolken auf. Leider verspricht der Wetterbericht auch für den Sonntag keine Besserung. Auf wetteronline.de sehe ich jedoch, dass es auf der schweizerischen Alpen-Nordseite eher sonnig ist. Nun, wir sind ja mit einem Reisemobil unterwegs und so verstauen wir die im Fahrzeug verteilten Gegenstände transportsicher und machen uns auf den Weg nach Luzern am Vierwaldstätter See.
Es ist unsere erste Fahrt durch den St. Gotthard-Tunnel. Ob wir das so schnell wiedermachen? Eine Röhre des Tunnels wird saniert, vor der Einfahrt hat sich ein 5 Kilometer langer Stau gebildet. So kommt Angela erstmals während des Fahrens in den Genuss der Bord-Toilette. Immerhin waren die Schweizer so nett, für weniger Bemittelte alle Kilometer ein mobiles Häuschen an den Straßenrand zu setzen. (Ich hoffe, das „Weniger Bemittelte“ wird jetzt nicht missverstanden …).
Wir erinnern uns an einen Campingplatz bei Luzern, auf dem wir im Jahr 2002 schon mal ein paar Nächte verbracht haben. Die damalige Fahrt über den Vierwaldstätter See im Schaufelraddampfer „Unterwalden“, der in dem Jahr seinen Hundertjährigen Geburtstag gefeiert hat, mit der anschließenden Fahrt in der steilsten Zahnradbahn der Welt auf den Pilatus wird uns wohl für immer unvergessen bleiben.
Den Campingplatz finden wir, aber wir erkennen ihn kaum wieder. Er hat aufgerüstet und ist inzwischen genauso teuer wie die doch sehr teuren Plätze am Lago Maggiore. Macht uns nix, wir freuen uns auf den Gang entlang der Seepromenade hinein nach Luzern. Es ist kalt, aber das Panorama ist vom Feinsten. Hier ein paar Fotos von unserem Nachmittag:
Wir sind spät losgelaufen und so versinkt die Sonne schon hinter dem Bergkamm, als wir im Ortszentrum von Luzern ankommen. Wir finden ein Plätzchen in einem Bistro direkt an der Reuss. Es ist kühl, wir wollen hier nichts mehr essen, trinken nur auf die Schnelle einen Aperol Spritz. Witzig, und eine tolle Idee: Es gibt nicht nur Decken gegen die Kälte, man darf sich zusätzlich einen der wärmenden Pelzmäntel vom Kleiderständer holen.
Auf dem Rückweg noch ein paar stimmungsvolle Aufnahmen …
… dann kurz noch was aufgekocht, und dann heißt es bei 4 Grad Celsius Rückzug in das wohlig warm geheizte Wohnmobil.
Am nächsten Tag, es ist Sonntag, erwarten uns leider nicht die eigentlich vorausgesagten 16 Grad bei leicht bewölktem Himmel. Es ist grau in grau und es nieselt hin und wieder. Naja, macht nichts, wir laufen dennoch ein weiteres Mal am See entlang nach Luzern.
Am Ufer der Reuss, dem Fluss, der aus dem See austritt und durch Luzern fließt, finden wir das folgende Stillleben. Da ließe sich ja ein Roman draus machen: Eine Rose, ein Taschentuch, eine leere Flasche Rotwein ….
Wunderbar ist die große Flotte der gut erhaltenen Schaufelraddampfer.
Und ganz irre ist die Vielzahl der asiatischen Touristen. Luzern scheint in Asien als einer der Höhepunkte einer Europe-in-seven-Days-Tour bekannt zu sein. Aber bitte nicht die Schwäne füttern:
Diesmal laufen wir nicht über die Seepromenade zurück zu unserem Campingplatz, wir gönnen uns eine kleine Bootsfahrt mit der „Rigi“. So können wir die beeindruckende Architektur mal vom See aus betrachten:
„Home sweet home“, so empfinden wir schon fast bei der Ansicht unseres mobilen Heims, in das wir uns vor dem nun einsetzenden Regenguss flüchten.
In einer Regenpause grillen wir uns auf unserem Campinggas-Grill zwei leckere Steaks. Unser letztes Mahl in der Schweiz, denn morgen werden wir die Heimfahrt antreten.
Zum guten Schluss noch zwei Fotos vom (nicht aufgeräumten) Inneren unseres Wohnmobils: